Quellendorf: Jagdaufseherhaus

Sie kannte das Haus in Quellendorf, denn sie wohnte nur drei Häuser entfernt. Später erfuhr sie, dass die Gebäude der Gärtnerei unter Denkmalschutz standen, nur weshalb wusste Konstanze Plötz nicht.

Spätestens seit 2010 weiß sie, was den Hof in der Köthener Straße so bedeutsam macht: 1780 wurde dieser auf Geheiß von Fürst Franz, dem anhaltischen Landesherren, für einen Jagdaufseher errichtet. Die Fachwerkhäuser tragen Bohlenbinderdächer, eine damals frisch aus Frankreich importierte Innovation, mit der Dachstühle holzsparend konstruiert werden konnten.

„So etwas“, sagt Konstanze Plötz, Überzeugung in der Stimme, „muss erhalten werden.“ 2010 kauften sie und ihr Freund das Anwesen, um es nach und nach zu sanieren.

Und das tat not. Allein die Tatsache, dass das Haus seiner Fassade wegen das Blaue genannt wurde, konnte als Alarmsignal gelten. Der Vorbesitzer hatte das Fachwerk unter einer bunten Putzschicht verschwinden lassen.

Das war noch das geringste Übel. Bei Umbauten waren manche Fachwerke restlos entfernt worden. Denkmalschutz? Egal.

Plötz und ihr Freund nehmen es mit dem Denkmalschutz deshalb umso genauer. Vermutlich haben die beiden mit ihren Wünschen Bauarbeiter nicht nur einmal verständnisloses Kopfschütteln abgenötigt oder zu Protesten genötigt. Wie bei der Sache mit den Brettern für die Dachkästen. Da müssten, befand Plötz, die alten wieder dran. Die Dachdecker fanden das keineswegs amüsant: „Die Nägel machen uns die Sägen kaputt.“ Plötz blieb standhaft, setzt sich durch. „Wir versuchen so viel wie möglich von der originalen Substanz zu erhalten.“ Und wenn es ein paar Bretter sind.

Mit den vorherigen Umbauten allerdings war einiges von den ursprünglichen Materialien und Strukturen verloren gegangen. Wie diese ersetzen? In den Baumarkt zu fahren stellte für Plötz keine Option dar, über die es nachzudenken auch nur eine Sekunde gelohnt hätte.

Sie und ihr Freund hörten sich um. Bekamen über das LEADER-Programm nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern ebenso Kontakt zu Bauherren, denen ebenfalls an möglichst denkmalgerechten Sanierungen gelegen waren. Sie traten der Interessengemeinschaft Bauernhaus bei. Sie suchten alte Ziegel, aber die sollten aus einem Umkreis von maximal zehn Kilometer stammen und am besten handgestrichen, nicht maschinengefertigt, sein. Sie tauschten die neuen Frankfurter Pfannen auf dem Dach gegen alte Biberschwänze von einer Scheune. Und diskutierten mit Baufirmen, wenn die mit dem alten Material Probleme hatten, weil damit Unsicherheit zu Haftungsfragen einherging.

Inzwischen, sagte Konstanze Plötz, sei das Gröbste erledigt, wolle man demnächst mit dem Hof beginnen und dem Innenausbau, was gleich wieder heißt, sich auf die Suche zu begeben, dieses Mal nach alten Lichtschaltern.

Die Quellendorfer indes müssen ebenfalls etwas suchen – einen neuen Namen für das Blaue Haus. Denn das einstige Fassadenblau ist fast verschwunden und nur noch an den Pfeilern der Toreinfahrt zu entdecken.

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Konstanze Plötz
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