Pfarrhaus Scheuder

Frank erreichte am 11. September 2011 Scheuder, ein Dorf zwischen Köthen und Dessau. Er kam am späten Nachmittag, zog bald weiter – und blieb lange in Erinnerung: Das Unwettertief Frank entfesselte über Scheuder eine Orgie der Zerstörung, schoss Hagelbomben aus Wolken herab, die binnen Minuten selbst massive Dächer zertrümmerten, Dämmungen von Wänden schälten und Fenster einschlugen.

Ulrike Große kam mit ihrem Mann Denis Jammrath ein Jahr nach dem Unwetter nach Scheuder, wo die beiden das leerstehende Pfarrhaus gekauft hatten. Ein Klinkerbau, um 1890 errichtet, dem die Zeit zugesetzt hatte und wohl so etwas wie ein Typenbau, denn in Dessau zum Beispiel findet sich ein Pfarrhaus, das jenem in Scheuder verblüffend ähnelt.

Noah und Nino wirken nervös. Die Hunde wuseln herum, dazu die beiden Fremden und dann sollen sie einen Weg gehen, um fürs Foto zu posieren, den sie sonst nie nehmen. Sie beugen die Hälse zurück, trippeln auf der Stelle, bis sie sich endlich am Zaumzeug ein paar Meter führen lassen. Noah und Nino sind Alpaka-Hengste. Weiter hinten schauen in einer eigenen Koppel zwei Stuten mäßig interessiert zu. Die vier Tiere sind es, die dem LEADER-Projekt den Titel geben: „Alpacahof Altes Pfarrhaus Anno 1900“. Das Geld aus Brüssel half den neuen Bewohnern des alten Pfarrhauses, dieses aussen wieder herzurichten (Fassade, Tore, Türen sowie die Zaunanlage). Momentan wird mit Eigenmitteln am Innenausbau und an den Ferienwohnungen gearbeitet.

Wie kommt man dazu, ein Pfarrhaus zu kaufen? Zufall, behauptet Ulrike Große. Fünf Jahre haben ihr Mann und sie nach einem Haus gesucht, und schließlich hätten nicht sie das Haus sondern das Haus sie gefunden, sagt sie, die ursprünglich aus Bernburg stammt, und gibt zu: „Meinen Mann musste ich nicht überzeugen, er kannte das Haus aus seiner Jugend.“ Er musste am Ende nur einige Kilometer umziehen. Und genau genommen blieb er in einer Stadt: Quellendorf und Scheuder gehören seit 2010 zur „Stadt Südliches Anhalt“.

Die Verhandlungen zum Kauf zogen sich zwar eine Weile hin, und waren im Juni 2012 abgeschlossen. Ulrike Große und Denis Jammrath waren nun Eigentümer eines Hauses, das von Grund auf saniert werden musste: Das Dach war ungedämmt, stellenweise hatte Schimmel sich breit gemacht, die Elektroinstallation war überfällig. „Die Vorarbeiten haben wir selbst gemacht und dann Firmen zur Unterstützung geholt“, erklärt Ulrike Große. Sie steht im Treppenhaus und verweist auf den farbigen Sockel an den Wänden, den eine Borte aus Ranken ziert, so wie es einst üblich war. Große ist stolz darauf, doch ihr Mann lächelt milde: „Naja, das war einfach Ölfarbe.“ Egal: das Ergebnis passt.

Unterm Dach wird momentan eine Gästewohnung ausgebaut, um später einmal Urlaub auf dem Alpakahof anbieten zu können. Sechs Personen wird die Wohnung Platz bieten, die sowohl von Urlaubern, Ferienkindern oder Monteuren genutzt werden kann.

Das mit den Tieren war ein Traum vor allem von ihr. „Tiere sind mein Steckenpferd.“ Die Alpakas im Garten dienen als Rasenmäher, Wolllieferanten, zu Therapiezwecken und als Zuchttiere, und wer will, kann mit den freundlichen und ruhigen Neuweltkameliden (gehören zur Familie der Kamele), denn um solche handelt es sich bei den Alpakas, im Dorf spazieren gehen.

Kontakt
Alpacahof Altes Pfarrhaus Anno 1900
Ulrike Große und Denis Jammrath
Dorfstraße 20
06386 Südliches Anhalt OT Scheuder   
Mail: alpacahof-altespfarrhaus@arcor.de