Mosigkau: Bürgerhaus

So ein Turm macht was her, lässt das Gebäude repräsentativer wirken, größer, wichtiger. Dachten sich die Mosigkauer, als sie ein paar Jahre nach dem Krieg ein Gehäuse für ihre kleine Verwaltung suchten und in der alten Schäferei fündig wurden, die wohl ein paar Jahre leer gestanden hatte. Also bauten die Mosigkauer ein Turm an das Haus, der zwar nur ein Türmchen wurde, aber immerhin.

Doch: es half ihnen nicht. 1952 schon wurde Mosigkau von Dessau geschluckt. Das Dorf mit einem Rokoko-Schoss in seiner Mitte wurde zum Vorort, die Verwaltung überflüssig und die alte Schäferei 1960 zur Kinderkrippe umgebaut.

Wenn Siegfried Büttner gebeten wird, über das Schäferhaus zu reden, wiegelt er erst einmal ab: Er habe seine Unterlagen nicht dabei. Doch dann beginnt er trotzdem zu erzählen, und es zeigt sich: er braucht keine Akten. Gut möglich, dass er das Schäferhaus besser kennt, als seine eigenen vier Wände. Mit anderen hat er dafür gesorgt, aus der Schäferei das zu machen, was sie heute ist: ein Bürgerhaus.

Das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Rund 5600 Stunden hätten die Mosigkauer selbst beim Umbau geschuftet, rechnet Büttner vor. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Vereins zur Förderung der Dorfentwicklung Mosigkau, des Vereins also, der das Bürgerhaus betreibt.

Sechs Jahre hatten die Mosigkauer nach einem neuen Ortstreff gesucht, weil die Schule, bisher ein Anlaufpunkt für Vereine, eher früher als später schließen würde. Man sah sich den Bahnhof an, das Naturbad – beide liegen am Ortsrand und irgendwann kam die alte Schäferei ins Spiel. Dort war immer noch der Kindergarten untergebracht, in einem völlig verwinkelten Gebäude. Über Jahrzehnte war es immer wieder umgebaut und erweitert worden, verschönert wurde das Haus damit nicht.

Die Schäferei war 1742 errichtet worden, 10 Jahre bevor Luftlinie 100 Meter entfernt, der Bau des Schlosses begann. Im 19. Jahrhundert wurde das ursprüngliche Fachwerkhaus durch ein massives Gebäude ersetzt, das später, wie geschildert, noch ein Türmchen erhalten sollte.

Um die Schäferei als Bürgerhaus nutzen zu können, musste eine neue Bleibe für den Kindergarten gefunden werden. Sie fand sich tatsächlich gleich in der Nachbarschaft, und gerade weil es mehrere Beteiligte waren, die zusammengebracht werden mussten, gab es finanziellen Beistand aus europäischen LEADER-Töpfen.

Seit einigen Monaten ist das denkmalgeschützte Gebäude saniert und als Bürgerhaus den Mosigkauern für Feste, Vereinstreffen und Vorträge übergeben worden. Ein Saal für 50 Personen findet sich darin, eine Küche „über deren Ausstattung sich die Frauen noch nicht beklagt haben“ (Büttner); die Räume für den Jugendklub in der ersten Etage sollen später folgen.

Kontakt
Verein zur Förderung der Dorfentwicklung Mosigkau e.V.
Siegfried Büttner
Knobelsdorffallee 4
06847 Dessau-Roßlau OT Mosigkau