Forsthaus Kleinzerbst

Als Thomas Schönlebe einen Zimmerer suchte, winkten viele gleich ab, als sie vernahmen, was er von ihnen wolle. Einen Dachstuhl bauen? Kein Problem. Aber mit den alten Balken? Nein danke. Die Nägel! Als er das erzählt, sitzt Schönlebe grinsend da. Ein Betrieb habe schließlich zugesagt und schnell gemerkt, man brauche mehr Leute. „Da hab ich dann selbst mitgemacht.“

Schönlebe ist Orthopädieschuhmachermeister mit Geschäft in Dessau. 38 ist er, ein kräftiger und freundlicher Kerl. Einer, den fast nichts zu erschüttern scheint. Und damit jemand, der taugt, sich in ein Abenteuer zu stürzen: die Sanierung eines Denkmals.

Kleinzerbst. 250 Einwohner, Inzwischen ein Ortsteil von Aken. Im Sommer gibt es hier den Hochzeitsmarkt, ein Volksfest für die ganze Umgebung. Dann wird es voll in Kleinzerbst. Wenn es ruhiger ist, kann man den Kleinzerbster Friedhof besuchen. Dort liegt Carl Andreas Naumann. Dessen Bruder Johann Friedrich hatte die Ornithologie begründet, und Carl, der Waidmann, brachte ihm immer wieder geschossene Vögel. 1811 übernahm Carl die Kleinzerbster Försterei.

196 Jahre später kaufte Schönlebe diese Immobilie. Er stammt aus Kleinzerbst, kennt das etwas versteckt gelegene Forsthaus seit Kindertagen. „Das war immer etwas geheimnisumwittert.“

4600 Quadratmeter Grundstück, Wohnhaus, Nebengebäude. Die Försterei ist nicht eben klein. Gerade die Nebengebäude sind in einem so beklagenswerten Zustand, dass die Denkmalschutzbehörde gegen einen Abriss nichts einzuwenden hat. Schönlebe hat andere Pläne, will möglichst originalgetreu wieder aufbauen. „Meinen sie wirklich?“, fragten die Leute vom Amt und schauten skeptisch drein. Als sie ein Jahr später wiederkamen, staunten sie nicht schlecht, denn Schönlebe hatte Wort gehalten.

Im Grunde, sagt Schönlebe, habe er den Job des Bauleiters übernommen, eines Bauleiters, der selbst mit zupackt. Und wie. 2000 Stunden verbringe er pro Jahr auf der Baustelle, was einem Vollzeitjob entspricht. „Im Sommer geht es bis in die Dunkelheit.“ Wie man das aus- und durchhalte? „Es ist positiver Stress.“ Habe er es wirklich nie bereut, sich auf die Försterei einzulassen? „Nein. Nur manchmal am Abend frage ich mich, was machst du hier. Aber am nächsten Tag ist das alles vorbei.“

Beim Durchhalten mag Schönlebe helfen, dass er nicht allein für sich und seine Frau baut, sondern für die Nachwelt, es seien die eigenen Kinder oder nicht. „Ich hoffe, dass es spätere Generationen zu schätzen wissen.“

Im Dorf jedenfalls, sagt Schönlebe, wisse man zu schätzen, was er tue. Denn in der Försterei steckt neben jeder Menge Arbeit auch viel Geld – eine halbe Million werden es am Ende sein. Zehn Prozent immerhin stammen aus Fördermitteln, den großen Rest aber muss er selbst finanzieren.

Inzwischen ist sogar Schönlebes fachlicher Rat begehrt. „Die Leute kommen und fragen: Wie hast das gemacht?“ Er selbst hat sich etwa über das Bauen mit Lehm kundig gemacht, kann das auch und findet: „Das ist nicht so schwer.“

Das alte Handwerk trifft im Wohnhaus auf High-Tech. Für die Wärme sorgt eine Fußboden- und Wandheizung, zwischen die hölzerne Fassade und die Mauer wurde ein Dämmstoff aus nachwachsenden Rohstoffen geblasen. Das 1765 errichtete Haus erreicht nun Werte nach neuesten Energieeinsparverordnungen – ohne deshalb irgendetwas von seinem Charakter und Charme eingebüßt zu haben.

Einziehen wollte Schönlebe im Herbst 2013. Jetzt wird es wohl erst im Frühjahr 2014 etwas mit dem Umzug. Denn auch das hat Thomas Schönlebe erfahren müssen: „Ich war total blauäugig, was den Aufwand angeht.“ Wahrscheinlich war das auch gut so.

Kontakt
Thomas Schönlebe
Parkstraße 22
06386 Kleinzerbst