Domäne Dohndorf
Der Onkel freute sich. „Glückwunsch“, gratulierte er seinem Neffen Dirk Hackel, „jetzt bist du endlich Ruinenbesitzer.“ Und das in Dohndorf, grob gesehen in der Mitte zwischen Bernburg und Köthen gelegen. Mehr Land geht kaum. Eine Ruine macht man am besten platt. Sagten sich Hackel und seine Frau, die beschlossen hatten, von Köthen aufs Land zu ziehen. Dann kam einer und meinte, abreißen könne jeder. Da ließ Hackel es bleiben. Das war 2003.
Acht Jahre später. Hackel, seine Frau und die zwischenzeitlich geborenen Kinder sind nach Dohndorf umgezogen und wohnen – in einem Kuhstall. Dem ist freilich seine einstige Funktion kaum mehr anzusehen. Hinter den 80 Zentimeter dicken Wänden aus Naturstein ist eine Wohnung entstanden, deren Großzügigkeit verblüfft und die jedem Hochglanz-Ausstattungsmagazin als perfekte Kulisse dienen könnte.
Doch der Eindruck täuscht, beteuert Hackel. „So zu bauen, ist billiger, als es scheint.“ Wenn man sich gegen manch gut gemeinten Ratschlag durchsetzt, etwas den, die 80 Zentimeter dicken Außenwände aus Natursteinen zu isolieren. Hackel misstraute den pessimistischen Berechnungen der Computermodelle – und sollte recht behalten: 25 Raummeter Holz im Jahr reichen ihm, um die Wohnung zu heizen, noch dazu minderwertiges Holz, das er nicht weiterverkaufen kann. Denn Hackel ist im Nebenerwerb Forstwirt geworden, hat eine Minifirma aufgebaut, die Kaminholz anbietet und Baumpflege.
Er selbst, räumt Hackel ein, könne wenig auf seiner Baustelle machen. „Ich bin kein Handwerker.“ Aber er hat eine kleine Maurerfirma gefunden, die mit Hingabe und Handwerkerstolz an dem Projekt arbeitet, Putz von der Fassade holt, diese kärchert und die Fugen neu verschmiert.
Und dennoch: auch zwei Jahre nach dem Bezug ist der Teil der Domäne, den Hacker gekauft hat, eine Baustelle. „Das geht nur Schritt für Schritt. Und ohne LEADER wäre es gar nicht gegangen.“ Für das Projekt gab es Fördermittel von der EU.
Dass die Domäne kein Denkmal ist, hat manches erleichtert, die Diskussion mit den Behörden, eine Solaranlage aufs Dach zu setzen, mag man sich nicht vorstellen. Trotzdem geht Hacker respektvoll und behutsam mit dem alten Gemäuer um, gibt Dohndorf ein Teil des Gesichts zurück, das wie so oft im ländlichen Raum vielfach hinter Putz- und Riemchenfassaden verschwunden ist.
Derzeit lässt Hackel den zweiten und größeren Teil des Kuhstalls herrichten, in dem später eine Obstbrennerei untergebracht werden soll. Wann genau es sein wird lässt Hackel offen, eingedenk der Erfahrung, sich bei dem Umgang mit alten Gebäuden nicht unter Druck setzen zu lassen. Das gilt auch für den benachbarten ehemaligen Schafstall, der unter anderem als Lager für Kaminholz dient und der in den 30er Jahren zu einem der modernsten Ställen seiner Art umgebaut wurde.
Wie sehr es Enthusiasten wie Hackel und seine Familie braucht, zeigt ein überwucherter Haufen neben dem ehemaligen Kuhstall. Auch dieser gehörte mal zur Domäne. Und war, als Hackel seinen Anteil an dieser erwarb, noch als Haus erkennbar.
Dirk Hackel
Domäne
06369 Köthen (Anhalt) OT Dohndorf